Abstract:In diesem Workshop lernen Sie eine „Orchidee“ des Justizvollzugs kennen: Naikan, ein selbstreflexives Meditationsverfahren japanischen Ursprungs, das sich mit „Innenschau“ übersetzen lässt.
Gefangene begeben sich sieben Tage lang in die Stille, meditieren täglich von 06.00 bis 21.00 Uhr hinter Paravents und betrachten in zeitlichen Abschnitten ihr bisheriges Leben. Strukturierte Fragen helfen, sich selbst aus der Perspektive anderer zu erleben und sich von der einseitigen eigenen Sichtweise zu befreien, sich z.B. nicht primär als Opfer zu sehen, sondern auch als Täter, als jemand, der Verantwortung übernimmt und daraus Kraft schöpfen kann. Nach sieben Tagen Schweigen und Reflektieren zeigen die Inhaftierten ein hohes Maß an Empathie; auch die Bereitschaft, Straftaten nicht zu leugnen, Gesetze zu akzeptieren und sich von anderen Delinquenten zu distanzieren, verändert sich nach einem Naikan-Seminar in die gewünschte Richtung. Unsere Erfahrungen ermuntern uns anzunehmen, dass wir Inhaftierte über Naikan in ein Leben mit weniger Gewalt führen können.
Im Workshop berichten wir über unsere Erlebnisse mit Inhaftierten im niedersächsischen Justizvollzug seit 2003. Sie werden Gelegenheit haben, Fragen zu stellen und mit uns über die psychischen Prozesse während eines Naikan-Seminars zu diskutieren.
Vita:Martin Burgdorf, Jg. 1952, evangelischer Pfarrer, seit 2004 eigenständige Organisation und Leitung von Naikan-Kursen, Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel Abt. Braunschweig
Winfried Geppert, Jg. 1956, Lehrer, seit 2004 eigenständige Organisation und Leitung von Naikan-Kursen, stellvertretender Leiter der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel, fachlicher Naikan-Berater für den niedersächsischen Justizvollzug