Abstract:Jedem von uns ist schon „etwas Böses“ geschehen. War das auf einer Reise weit weg von der Heimat? Im Heimatort? Auf der Straße? In der Schule? In der Nachbarschaft? Oder sogar zu Hause? In der Erinnerung daran sagen wir vielleicht: „Das war aber eine ganz böse Sache!“ Möglicherweise sagen wir sogar: „Was war das doch für ein böser Mensch!!“ Schon in der Frühkindheit lernen wir Gut und Böse zu unterscheiden.
Nicht immer aber, auch später noch, gelingt die Unterscheidung in konkreten Fällen leicht bzw. glatt. Können auch Tiere Böses tun? Und was uns Menschen betrifft: Kommt das Böse von außen über uns bzw. in uns hinein? Ist es vielleicht von Anfang an in uns allen drin? Ist es etwa grundsätzlich nicht viel anderes als die Ergänzungsseite des Guten? Oder geht es vielmehr, für uns Normale erleichternd, letztlich doch nur darum, dass es wenige „ganz Andere“ gibt, in denen sich das Böse konzentriert und die man nur früh genug entdecken und effektiv kontrollieren muss?
Werden die Bösen immer schlimmer, wenn sie keine heftige Strafe zu spüren bekommen? Breitet sich das Böse ungehemmt aus, wenn nicht jedes Mal die Strafe der Tat gleich auf dem Fuße folgt? Gibt es sinnvolle und erfolgreiche Wege, anders als durch Strafe mit dem Bösen in der Welt umzugehen? Was halten wir von Reue, Wiedergutmachung und Konfliktausgleich? – Mit solcherart Fragen wird sich die Vorlesung beschäftigen, und die Schülerinnen und Schüler sollen Gelegenheit bekommen, ihre eigene Sicht dazu einzubringen.
Vita:Hans-Jürgen Kerner ist Seniorprofessor der Universität Tübingen und em. Ordinarius für Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug und Strafprozessrecht. Er war bis 30.09.2011 Direktor des Instituts für Kriminologie. Er ist u. a. Vorsitzender der Deutschen Stiftung für Verbrechensverhütung und Straffälligenhilfe (DVS) sowie Ehrenpräsident der Internationalen Gesellschaft für Kriminologie (SIC/ISC).