Pädagogische Interaktionsdiagnostik
Johann Schabert
Denkzeit-Gesellschaft e.V.
Häufiges Begehen von Gewalttaten und Radikalisierung sind vielfach das Resultat beschädigender früher Beziehungserfahrungen. Kinder entwickeln in den ersten Lebensjahren zentrale Fähigkeiten der Selbst- und Beziehungsregulierung. Kommt es zu Vernachlässigung, Missbrauch oder Gewalt, können diese nicht ausreichend ausgebildet werden, Einschränkungen gehen dann oftmals mit dauerhaften Störungen des interpersonellen Verhaltens einher. Junge Menschen, die Funktionen wie z. B. Einfühlung, Realitätsprüfung, Antizipation und Selbstwertregulation nur unzureichend entwickeln konnten, gestalten Beziehungen häufig so, dass es immer wieder zu Abwertungen und gewalttätigen Übergriffen kommt. Einige dieser Fähigkeiten sind als Schutzfaktoren gegen Gewaltdelinquenz bekannt und spielen auch im Zusammenhang mit Radikalisierungsprozessen eine Rolle. Pädagogische Programme, die eine Weiterentwicklung dieser Funktionen anzielen, können einen wirksamen Beitrag zur Gewalt- und Radikalisierungsprävention leisten. Um innerpsychische Entwicklungsprozesse gezielt anzuregen, bedarf es einer prozessualen pädagogischen Diagnostik, die Pädagog*innen dabei unterstützt, auf Funktionen zu fokussieren, die für die adäquate Beziehungsgestaltung der Klient*innen zentral sind. Im Beitrag wird eine pädagogische Diagnostik vorgestellt und ihre Anwendung an Beispielen aus der pädagogischen Arbeit dargestellt.