Gewaltprävention durch religiöse Erziehung?

Prof. Dr. Dieter Hermann
Universität Heidelberg

Zygmunt Bauman charakterisiert die Postmoderne als radikale individualistische Gesellschaft ohne universelle Maßstäbe. Falls diese Beschreibung für die Gegenwart zutrifft, wäre zu erwarten, dass sich die damit verbundene Orientierungslosigkeit und Anomie unter anderem in Gewalt äußert - die Schattenseiten des Individualisierungsprozesses (Heitmeyer). Religion hingegen könnte als sinngebendes System der Weltdeutung eine Orientierungshilfe bieten, die zu einer Gewaltreduzierung beiträgt. Die Beziehung zwischen Religiosität und Gewaltbereitschaft wurde zwar schon vielfach untersucht, aber in der Regel nur mit Querschnittsbefragungen. Solche Daten erlauben jedoch keine Aussage über die Kausalrichtung: Präferieren friedlich gesinnte Personen gewaltablehnende religiöse Systeme oder führt die Bindung an solche Systeme zu einer Übernahme der dort präferierten Normen der Gewaltlosigkeit? Auf der Grundlage einer aktuellen, bundesweiten und von der DFG geförderten mehrjährigen Panelbefragung von Kindern und einem Elternteil wird untersucht, in welcher Beziehung Religiosität und Gewaltbereitschaft stehen. Erste Ergebnisse lassen vermuten, dass eine religiöse Sozialisation Wertepräferenzen wie Idealismus und Altruismus erzeugt, die mit Gewalt unvereinbar sind. Somit wäre religiöse Erziehung besonders in der Postmoderne ein geeignetes Mittel einer universellen Gewaltprävention.
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Textfassung
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