Digitale Aufarbeitung rechter Gewalt: Start des „Themenportals Rechte Gewalt“
Rechte Gewalt ist kein neues Phänomen. Sie zieht sich durch die Geschichte Deutschlands, sowohl in der Bundesrepublik als auch, weniger bekannt, in der DDR. Ereignisse wie der NSU-Komplex, das Oktoberfestattentat oder die rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen sind fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Sie stehen für Hunderte, wenn nicht Tausende Vorfälle, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Menschenleben forderten, Traumata hinterließen und tiefe gesellschaftliche Wunden schlugen – und dennoch oft in Vergessenheit geraten sind. Viele dieser Fälle sind nur unzureichend dokumentiert oder der breiten Öffentlichkeit unbekannt.
Um diese dunklen Kapitel der deutschen Geschichte ins Bewusstsein zu rücken, entsteht nun das Themenportal „Rechte Gewalt“. Diese neue Plattform schafft einen zentralen digitalen Ort, um das Wissen über rechtsextreme und rechtsterroristische Gewalt zu bündeln, zu bewahren und zugänglich zu machen. Zum 1.1.2025 beginnt FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur – gemeinsam mit dem Bundesarchiv und dem Landesarchiv Baden-Württemberg die Arbeit an diesem bedeutenden Projekt.
Förderung einer inklusiven Erinnerungskultur
Das „Themenportal Rechte Gewalt“ entsteht als Teil des Archivportals-D in der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB). Mit diesem Vorhaben wird ein wichtiger Beitrag zur gesellschaftlichen Aufarbeitung und zum Erinnern geleistet; „Um die Ursachen rechter Gewalt zu verstehen und langfristig eine inklusivere Erinnerungskultur zu fördern, ist es unerlässlich, historische und zeitgenössische Quellen digital verfügbar zu machen“, erklärt Matthias Razum, Bereichsleiter e-Research von FIZ Karlsruhe.
Die Einrichtung des Themenportals findet ihre Grundlage im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Darin heißt es: „Wir treiben auch innerhalb der Bundesregierung die weitere Aufarbeitung des NSU-Komplexes energisch voran und bringen ein Archiv zu Rechtsterrorismus in Zusammenarbeit mit betroffenen Bundesländern auf den Weg.“
Ziele und Herausforderungen des Themenportals
Das Projekt adressiert die multiperspektivische Erschließung rechter Gewalt – von rechtsextremen Gruppierungen und ihren Taten bis hin zu den Betroffenen und Opfern. Es wird Archivalien staatlicher Stellen und zivilgesellschaftlicher Organisationen bündeln, eine Übersicht über vorhandene Quellen bieten, Zugänge für Forschung und Bildung schaffen und die Digitalisierung relevanter Dokumente vorantreiben. Zu den besonderen Herausforderungen des Projekts gehört die Definitionsfrage: Der Begriff „rechte Gewalt“ wird in Deutschland erst seit den 1990er Jahren bewusst verwendet, was die historische Einordnung und Kategorisierung von Quellen erschwert. Zudem erfordert das Thema eine äußerst sorgfältige Betrachtung, da es politisch und gesellschaftlich stark diskutiert wird.
www.praeventionstag.de