15. Zwischenruf: Erich Marks im Gespräch mit Prof. Dr. Melanie Wegel
Heute ist Mittwoch, der 8. April 2020. Ich bin Erich Marks und als Geschäftsführer des Deutschen Präventionstages freue ich mich über ihr Interesse an unseren Zwischenrufen zur Prävention in Zeiten der Corona-Epidemie und von COVID-19.
Zum heutigen Zwischenruf begrüße ich am Telefon Professorin Dr. Melanie Wegel. Frau Wegel ist Soziologin, Geografin und Erziehungswissenschaftlerin und arbeitet aktuell als Professorin am Institut für Delinquenz und Kriminalprävention der Hochschule für angewandte Wissenschaft in Zürich.
Frau Wegel, ich begrüße Sie herzlich und darf Sie zunächst fragen, welche Präventionsaspekte ihnen aktuell besonders wichtig erscheinen.
Wie bereits in vorigen Zwischenrufen angesprochen wurde, enden die Probleme von Kindern – und Jugendlichen nicht, durch die Schliessung der Schulen. Der Unterrichtsauftrag kann und wird teilweise auf anderen Wegen wahrgenommen und bereits hier zeigt sich, dass dies vielen Lehrpersonen gut gelingt, andere hingegen weniger engagiert sind. Es zeigt sich aber auch, dass die Soziale Arbeit und hier die Präventionsarbeit, sei es im schulischen Kontext und auch in der offenen oder der aufsuchenden Jugendarbeit weitgehend zum Stillstand kommt, sofern die Präsenz wegfällt. Die altbewährten telefonischen Beratungen können hier Hilfe leisten, wobei diese nicht für alle Zielgruppen und Fokusthemen ansprechbar sind.
Dass Prävention auch ohne den direkten Kontakt funktionieren kann zeigt sich an der Thematik Cybermobbing, -grooming etc, wo Formate wie «klicksafe» als erste Adresse gelten, sofern man sich über diese Thematik informieren möchte oder aber Hilfe braucht. Bei «klicksafe» findet die Prävention in dem Lebensraum statt, für den sie entwickelt wurde. Auch für andere Bereiche der Präventionsarbeit bietet gerade das Internet hier Chancen, indem auch für die aufsuchende Jugendarbeit, die Idee des «Online Streetwork» entwickelt wurde.
Besonders innovativ zeigt sich auch das Konzept der «zivilen Helden», wo ein Forschungsverbund das Thema Zivilcourage aufbereitet hat und mittels Video Clips und interaktiven Elementen sowie dem Stilmittel des Rap, im Internet zum Diskurs und der Reflektion angeregt werden soll. Formate wie dieses gelten zukünftig sicher als Messlatte dafür, wie Prävention sein kann und sollte um die Zielgruppe zu erreichen.
Was ist das zentrale Anliegen Ihres heutigen Zwischenrufes?
Die Akteure in der Präventionsarbeit sind angehalten schnell Formate zu entwickeln oder bestehende Formate so umzusetzen, dass diese auch in Krisenzeiten – ohne Präsenz – Anwendung finden. Eine Vielzahl an Materialien existiert hier schon. Denkbar wäre der Einsatz von Filmen wie eben im Bereich Zivilcourage oder auch mit Blick auf die Sensibilisierung von Mobbing, die es in einer grossen Anzahl gibt oder angefordert werden können. Ziel wäre es, dass Sozialarbeitende den Einsatz von diesen Medien moderieren, was auch in diesen Wochen schnell umgesetzt werden könnte.
Für gut und langfristig implementierte Projekte, die einer Schulung bedürfen, wäre es von Seiten der Entwickler notwendig, anstatt oder zusätzlich zu Schulungen, Webinare, Fortbildungen via zoom oder ähnliches zu entwickeln und anzubieten.
Ist bereits absehbar ob und in welcher Form das Zürcher Institut für Delinquenz und Kriminalprävention sich hier mit einbringen kann?
Wir als Hochschule, waren angehalten, innerhalb einer Woche sämtliche Lehrveranstaltungen auf «präsenzlos» umzustellen. Das hat ganz ausgezeichnet geklappt. Auch deshalb, weil wir einen sehr guten support von unseren technischen Kollegen hatten, die uns dabei unterstützt haben, wie webinare, oder Lehrveranstaltungen via zoom, gehalten werden können. Diese Situation wird noch bis Ende Juli andauern. Im eignen Weiterbildungsangebot, einem CAS (Certificate of Advanced Cieces), werden auch inhaltlich Formate eingebunden, wie etwa «Online Streetwork» via Instagramm oder andere soziale Medien.
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Abschließend bitte ich sie um eine kurze zusammenfassende Aussage zu Ihrem heutigen Anliegen.
Die Zeit ohne Präsenz sollte und darf nicht ohne Prävention stattfinden. Die Akteure sollten diese Zeiten als Chance sehen ihr Handlungsrepertoire zu erweitern, wozu das Internet sich anbietet, und wovon die Professionellen und das Zielpublikum auch zukünftig profitieren werden, auch was die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Entwicklung neuer Formate, mit Blick auf die Zukunft anbelangt.
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