AOK-Familienstudie deckt Wissensdefizite auf
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Viele Eltern sehen die Zukunft ihrer Kinder durch die Klimakrise zwar bedroht, doch nur ein Drittel misst einer nachhaltigen Ernährung eine hohe Bedeutung bei. Laut aktuellem wissenschaftlichen Studienbericht zur AOK-Familienstudie 2022, deren zentrale Ergebnisse Ende vergangenen Jahres vorgestellt wurden, zeigt sich ein großes Wissensdefizit rund um nachhaltige Ernährung. Insbesondere der Bildungsgrad der Eltern hat großen Einfluss darauf, wie nachhaltig sich Familien ernähren. „Nachhaltige Ernährung ist Teil der Gesundheitsbildung und gehört in die Lehrpläne“, fordert AOK-Vorständin Dr. Carola Reimann. Bereits in der Kita müsse begonnen werden, dieses Wissen erlebbar zu machen. Kinder brauchen zudem mehr gesunde Angebote in den Kitas und Schulen. Deshalb müssen die Qualitätskriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Gemeinschaftsverpflegung verbindlich mit der Ernährungsstrategie der Bundesregierung festgeschrieben werden.
Für die AOK-Familienstudie wurden vom IGES Institut bundesweit rund 8.500 Eltern befragt. Obwohl 82 Prozent in der Klimakrise eine große Bedrohung für die Zukunft ihrer Kinder sehen und 79 Prozent den Einfluss der Ernährung auf Klima und Umwelt als bedeutsam einschätzen, wirkt sich das nicht gleichermaßen positiv auf das Ernährungsverhalten im Alltag aus. Laut des ermittelten Summen-Scores zur nachhaltigen Ernährung, in den unter anderem Ergebnisse zum Fleischkonsum, der Zubereitung von Speisen und Nachhaltigkeitsaspekte eingeflossen sind, erachten nur 32 Prozent der befragten Eltern nachhaltige Ernährung für bedeutend oder sehr bedeutend. Auffällig ist, dass im Süden Deutschlands und in den Stadtstaaten wie Berlin, Bremen und Hamburg einer nachhaltigen Ernährung eine höhere Bedeutung beigemessen wird als in anderen Regionen Deutschlands Laut AOK-Familienstudie glaubt sogar mehr als jeder Dritte (38 Prozent), dass nachhaltige Ernährung ungesund sei. Weniger als die Hälfte (41 Prozent) haben ihr Ernährungsverhalten auf Grund der Klimakrise hin zu mehr Nachhaltigkeit verändert.
Unter nachhaltiger Ernährung versteht man eine vollwertige Ernährung, die sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für die ökologische Nachhaltigkeit optimal ist und als „Planetary Health Diet“ bezeichnet wird. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer pflanzenbetonten Ernährung, bei der Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte einen größeren Anteil ausmachen. Fleisch und Milchprodukte sind ebenfalls wichtige Bestandteile der Ernährung, jedoch in einem deutlich reduzierten Umfang.
Bildungsgrad beeinflusst nachhaltige Ernährung
Der sozioökonomische Status sowie insbesondere der Bildungsgrad der Eltern haben großen Einfluss darauf, wie nachhaltig sich Familien ernähren. Während für 39 Prozent der Befragten mit Hochschulreife nachhaltige Ernährung eine sehr hohe oder hohe Bedeutung hat, ist das für Befragte mit einem Haupt- oder Volksschulabschluss nur bei 23 Prozent der Fall. Auch wer in Regionen lebt, die durch besondere soziale Problemlagen gekennzeichnet sind, ernährt sich seltener umwelt- und klimafreundlich. „Hier muss sich Politik stärker um die sozialen Rahmenbedingungen kümmern, damit sozial benachteiligte Familien einen besseren Zugang zu nachhaltiger Ernährung erhalten,“ sagt Reimann.
Grundsätzlich wünschen sich 87 Prozent der Eltern, dass ihre Kinder etwas über klima- und umweltfreundliche Ernährung in der Schule lernen. „Das Kultusministerium in Baden-Württemberg zeigt mit ,Science Kids‘, dass Gesundheitsbildung in die regulären Unterrichtsfächer der ersten bis zur zehnten Klasse integriert werden kann. Es fehlt nicht an Geld, sondern am politischen Willen, dieses Modell bundesweit an alle Schulen zu bringen “, so Reimann.
Wissenslücken durch breite gesellschaftliche Anstrengungen schließen
Noch an anderen Stellen zeugen die Ergebnisse der AOK-Familienstudie von Wissensdefiziten der Eltern: So weisen 43 Prozent eine inadäquate oder problematische Ernährungskompetenz auf. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) geben an, bereits auf eine umwelt- und klimafreundliche Ernährung zu achten, obwohl sie gleichermaßen pflanzliche und tierische Produkte konsumieren (Mischkost). Knapp drei Viertel (70 Prozent) der Eltern findet es zu kompliziert, neben gesunder Ernährung auch auf Klima- und Umweltfreundlichkeit zu achten. Während im Norden und Osten zwischen 21 und 41 Prozent der Kinder fleischreduziert ernährt werden, sind es im Westen bis zu 42 und in Berlin sogar 47 Prozent. „Dieses offenkundige Wissensdefizit gilt es zu schließen. Dafür braucht es breite gesellschaftliche Anstrengungen“, fordert Reimann.
Immer mehr Heranwachsende werden ganztags betreut und essen mittags in Kitas und Schulen. 83 Prozent der befragten Eltern halten es für wichtig, dass ihr Kind außer Haus gesund und nachhaltig verpflegt wird. „Deshalb müssen die DGE-Qualitätskriterien für die Gemeinschaftsverpflegung verbindlich in der Ernährungsstrategie der Bundesregierung festgeschrieben und in Kitas und Schulen umgesetzt werden“, fordert Reimann und ergänzt: „Dafür ist die Bereitschaft von Bund, Ländern und Kommunen zur gemeinschaftlichen Finanzierung von gesunder Ernährung nötig.“ Allen Kindern und Jugendlichen müssen unabhängig vom Einkommen der Eltern qualitativ hochwertige und ausgewogene Mahlzeiten angeboten werden.
www.praeventionstag.de
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