14.12.2023

Deutschland kein offenes Land mehr?

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Pressemitteilung der MAECENATA Stiftung:

CIVICUS, die internationale NGO, die seit Jahrzehnten weltweit den Freiheitsraum der Zivilgesellschaft und der Bürgerinnen und Bürger beobachtet, hat Deutschland in ihrem am 5.12.2023 veröffentlichten neuen CIVICUS MONITOR von „offen“ auf „beeinträchtigt“ herabgestuft. Dies ist ein Alarmsignal! Im Licht seiner eigenen Geschichte und als lautstraker Verteidiger eines freiheitlichen und demokratischen Gesellschaftsmodells, das die Menschen- und Bürgerrechte achtet, muß Deutschland auch nach innen diese Werte hochhalten.

Der CIVICUS Monitor hat am Mittwoch in seinem aktuellen Bericht bekanntgegeben, dass der zivilgesellschaftliche Raum in Deutschland nicht mehr als „offen“ eingestuft wird, nachdem die Polizei gezielt gegen Klimademonstranten vorgegangen ist und Proteste eingeschränkt hat.

Der Bericht „ People Power Under Attack 2023“ bewertet die Bedingungen für den zivilen Raum in 198 Ländern und Regionen. Die Herabstufung Deutschlands auf das Rating „beeinträchtigt“ spiegelt die Feststellung wider, dass die Regierung die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ihrer Bürger nicht vollständig schützt. Stattdessen verletzen die Behörden diese Freiheiten gelegentlich.

In diesem Jahr dokumentierten die Analysten des CIVICUS Monitor, wie deutsche Behörden Klimaproteste auflösten und unverhältnismäßig gegen die Klimabewegung „Letzte Generation“ vorgingen. Sicherheitskräfte führten Hausdurchsuchungen durch, beschlagnahmten Bankkonten und blockierten Websites als Reaktion auf den gewaltlosen zivilen Ungehorsam der Gruppe. Sie überwachten auch Telefone, E-Mails und Sprachnachrichten. Unabhängig davon reagierten die Behörden auf pro-palästinensische Proteste Ende 2023 mit übermäßiger Gewalt und Verboten.

„Deutschland war früher eines der freiesten Länder in Europa. Jetzt steht Deutschland an der Spitze des EU-weiten Vorgehens gegen Klima-Aktivismus“, sagte Tara Petrović, die Analystin des CIVICUS Monitor für Europa und Zentralasien. „Die Herabstufung Deutschlands sollte ein Weckruf für das Land und den Kontinent sein, den Kurs zu ändern.“

Der CIVICUS Monitor bewertet die Bedingungen des zivilgesellschaftlichen Handlungsraums in den einzelnen Ländern auf der Grundlage von Daten, die im Laufe des Jahres von Aktivisten der Zivilgesellschaft in den einzelnen Ländern, regionalen Analyseteams, internationalen Menschenrechtsindizes und den internen Fachleuten des Monitors gesammelt werden. Die Daten aus diesen vier verschiedenen Quellen werden dann kombiniert, um jedes Land entweder als „offen“, „beeinträchtigt“, „beschränkt“, „unterdrückt“ oder „geschlossen“ zu bewerten.

In diesem Jahr hat der CIVICUS Monitor festgestellt, dass nur 2,1 % der Menschen in „offenen“ Ländern leben, in denen der zivile Raum sowohl frei als auch geschützt ist. Deutschland, das in diesem Jahr von „offen“ auf „beeinträchtigt“ abgerutscht ist, ist somit Teil des Trends weg vom freien bürgerlichen Raum.

Inzwischen lebt fast ein Drittel der Menschheit, das heißt 30,6 % der Weltbevölkerung, in „geschlossenen“ Gesellschaften, also den Ländern mit den restriktivsten Bedingungen überhaupt. Dies ist der höchste Prozentsatz von Menschen in „geschlossenen“ Ländern, den der CIVICUS Monitor seit seinem ersten Bericht im Jahr 2018 verzeichnet hat. Zusammengenommen deuten diese Statistiken auf eine Welt in der Krise hin.

„Wir sind Zeuge eines beispiellosen globalen Angriffs auf den zivilen Raum“, sagte Marianna Belalba Barreto, leitende Analystin des CIVICUS Monitor. „Deutschland zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger in den Demokratien nicht vor einer Aushöhlung ihrer Rechte gefeit sind.“

Die Vorgänge um die „Letzte Generation“ war nicht die einzige bedeutende Einschränkung des bürgerlichen Raums in Deutschland im Jahr 2023. Im Januar setzte die Polizei exzessive Gewalt ein, um etwa 700 Demonstranten zu vertreiben, die das „Geisterdorf“ Lützerath besetzt hielten, dessen Bewohner vertrieben worden waren, um den Ausbau eines Kohlebergwerks zu ermöglichen. Die Beamten schlugen und besprühten einen Journalisten, der über die Proteste in Lützerath berichtete, mit Pfefferspray, obwohl er bei der Polizei akkreditiert war.

„Es sind nicht nur Autokratien, die die Zivilgesellschaft auf unzulässige Weise unter Druck setzen“, sagt Christine Meissler, Referentin für den Schutz der Zivilgesellschaft bei Brot für die Welt. „Auch in Demokratien kann es zur Kriminalisierung von legitimem zivilgesellschaftlichem Engagement kommen.“ 

Vor kurzem ging die Polizei mit übermäßiger Gewalt gegen pro-palästinensische Demonstranten in einem Berliner Stadtteil mit hohem arabischen Bevölkerungsanteil vor, setzte unter anderem Pfefferspray und Wasserwerfer ein und nahm 174 Personen fest.

Auch in Berlin und Frankfurt haben die Behörden pro-palästinensische Proteste verboten, so wie bereits in den vergangenen Jahren. Solche Einschränkungen der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit sind diskriminierend und verletzen das Recht auf friedliche Versammlung.

„Das Vorgehen der deutschen Behörden gegen Aktivisten, die ihr legitimes Recht auf Vereinigung und friedliche Versammlung wahrnehmen, sind nicht förderlich für einen demokratischen Staat“, sagte Petrović. „Sie stehen auch nicht im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen des Landes, die bürgerlichen Freiheiten zu schützen.“

Die anderen Länder, die in diesem Jahr herabgestuft wurden, sind Bangladesch (geschlossen), Bosnien und Herzegowina (beschränkt), Kirgisistan (unterdrückt), Senegal (unterdrückt), Sri Lanka (unterdrückt) und Venezuela (geschlossen).

Ein Service des deutschen Präventionstages.
www.praeventionstag.de

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