Regierungen sollten mehr für das Vertrauen und die Partizipation ihrer Bürger:innen tun
Nur 30 % der Bürger:innen von 22 untersuchten OECD-Ländern finden, dass das politische System ihres Landes ihnen echte Mitsprache bei Regierungsentscheidungen einräumt, wie die aktuelle OECD-Studie Government at a Glance 2023 zeigt. Gerade einmal 33 % der Befragten halten es für wahrscheinlich, dass öffentliche Konsultationen dazu führen würden, dass die Regierung sich der darin ausgedrückten Haltung anpasst.
Zwar halten Bürger:innen von OECD-Ländern ihre Regierungen in Krisenzeiten generell für verlässlich und sind mit dem öffentlichen Dienst weitgehend zufrieden, dennoch finden nur wenige Menschen, dass ihre Regierung auch aktiv auf ihre Bedürfnisse und Wünsche eingeht. Viele sagen, ihre Erwartungen hinsichtlich Repräsentation und Mitbestimmung würden nicht erfüllt.
Die Studie enthält eine Reihe von Empfehlungen, wie Regierungen Vertrauen wiederherstellen und ihre Demokratien stärken können (siehe hierzu auch die OECD-Initiative Reinforcing Democracy). Sie zeigt anhand aktueller Daten, dass neue Partizipationsformen zunehmen, darunter öffentliche Konsultationen und die Nutzung digitaler Plattformen für mehr Teilhabe. Das ist eine positive Entwicklung, aber es bleibt viel zu tun. Beispielsweise gab es 2020 zwar in 27 von 29 OECD-Ländern eine zentrale Anlaufstelle zur Unterstützung öffentlicher Einrichtungen bei der Konsultation von Bürger:innen und Interessensgruppen, jedoch zeigt die Datenlage, dass Partizipationsverfahren häufig eher ad-hoc umgesetzt werden.
Der Studie zufolge sollten die Regierungen die Repräsentation insbesondere von traditionell unterrepräsentierten Gruppen in der öffentlichen Entscheidungsfindung stärken und Konsultationen systematischer, inklusiver und auch frühzeitiger durchführen. Wenn beispielsweise Frauen und junge Menschen stärker in der Politik und in öffentlichen Einrichtungen vertreten sind, werden Maßnahmen und Angebote auch besser auf ihre Bedürfnisse abgestimmt.
So waren 2021 im OECD-Schnitt nur 36 Prozent der Ministerposten von Frauen besetzt und im Schnitt der OECD- und EU-Länder hatten Frauen nur 41 Prozent der leitenden Positionen im öffentlichen Sektor inne. Deutschland liegt zwar inzwischen mit einem Frauenanteil von 50 Prozent bei den Ministerposten unter den Spitzenreitern, der Anteil der Parlamentarierinnen liegt mit 35 Prozent jedoch nur knapp über dem OECD-Durchschnitt von 33.8 Prozent. In Österreich ist es umgekehrt: Zwar liegt der Anteil der Frauen im Parlament mit knapp über 40 Prozent über dem OECD-Schnitt, die Quote der Ministerinnen liegt jedoch bei lediglich 25 Prozent.
Die Studie zeigt auch, dass viele OECD-Länder noch keine ausreichenden Antikorruptionsvorkehrungen bezüglich Lobbyings, politischer Finanzierung und des Umgangs mit Interessenkonflikten treffen. Lobbying ist besonders häufig nur mangelhaft reguliert. So sind im Schnitt von 28 untersuchten OECD-Ländern nur 38 Prozent der Standards für die Regulierung von Lobbying in Kraft, und nur 33 Prozent werden auch praktisch umgesetzt. In puncto gesetzlicher Vorschriften und Transparenz gibt es also deutlichen Nachholbedarf, wenn die politische Entscheidungsfindung wirksam vor ungebührlicher Einflussnahme geschützt werden soll.
Material zum Herunterladen: Vollständige Studie (auf Englisch)
Weitere OECD-Informationen zum Thema Regierungsführung finden Sie hier: https://www.oecd.org/governance/
Die OECD ist ein globales Forum, das mit über 100 Ländern zusammenarbeitet. Sie tritt ein für eine Politik, die die individuellen Freiheiten wahrt und das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen weltweit fördert.
www.praeventionstag.de
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