05.02.2024

Das Erstarken autoritärer und antidemokratischer Kräfte weltweit führt zu mehr Korruption

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Transparency International hat am 30.1.2024 den Korruptionswahrnehmungsindex 2023 (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Der jährlich erscheinende Index ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er umfasst 180 Staaten und Gebiete und bewertet den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption. Der Meta-Index beruht auf der Einschätzung von Expert:innen sowie Führungskräften.

Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) erreicht Dänemark wie im Vorjahr als Spitzenreiter 90 Punkte, gefolgt von Finnland, Neuseeland und Norwegen. Die letzten Plätze belegen Südsudan, Syrien, Venezuela und Somalia. Insgesamt erreichen mehr als zwei Drittel der 180 Länder weniger als 50 von 100 Punkten, was ein deutlicher Hinweis auf ernsthafte Korruptionsprobleme weltweit ist.

Dazu erklärt Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland: „Korruption ist ein Fundament, auf das autoritäre Regime ihre Macht stützen. Das Erstarken antidemokratischer Kräfte weltweit führt auch zu einem Ansteigen von Korruption in den jeweiligen Ländern. Wo der Rechtsstaat, unabhängige Medien und zivilgesellschaftliche Gruppen geschwächt werden, dort blüht die Korruption. Das veranschaulicht eindrücklich Ungarn, das unter Führung von Viktor Orbán im Index abgestürzt ist und inzwischen im EU-weiten Vergleich den letzten Platz belegt. Auch als stabil geltende Demokratien sind Angriffen ausgesetzt, werden von innen und von außen bedroht. Gerade jetzt und mit Blick auf die Europawahl muss sich Deutschland auf europäischer und internationaler Ebene noch aktiver für starke Rechtsstaatlichkeit und einen vehementen Kampf gegen Korruption einsetzen. Außerdem muss die Bundesregierung den Gefahren der strategischen Korruption entgegentreten und eine Strategie gegen die Einflussnahme durch autokratische Regime vorlegen. Es ist dringend geboten, unsere Institutionen und unsere Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen.”

Deutschland erreicht im CPI 2023 mit 78 Punkten den 9. Rang. Damit verliert Deutschland im zweiten Jahr in Folge einen Punkt und erreicht wieder den gleichen Punktwert wie vor zehn Jahren. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland weiterhin zu den robustesten Ländern im Kampf gegen Korruption. Während in vielen Staaten Korruption systemisch ist, gibt es in Deutschland eine gefestigte Demokratie, in der Korruption prinzipiell geächtet ist, und einen funktionierenden Rechtsstaat, der bei Korruptionsverdacht auch gegen hochrangige Personen vorgeht.

Margarete Bause, stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland, unterstreicht: „Seit mehr als zehn Jahren tritt Deutschland im Korruptionswahrnehmungsindex mehr oder weniger auf der Stelle. Obwohl Deutschland das Problem der Korruption verhältnismäßig gut im Griff hat, gibt es einige offene Flanken. Skandale wie Cum-Ex und die Maskenaffäre verdeutlichen die Schwachstellen. 2024 muss die Ampel-Koalition Nägel mit Köpfen machen: Die Verschärfung des Gesetzes gegen Abgeordnetenbestechung, der Lobbyfußabdruck und das Bundestransparenzgesetz müssen dieses Jahr in den Bundestag eingebracht und beschlossen werden. Diese drei Vorhaben wurden im Koalitionsvertrag vereinbart, aber noch immer nicht umgesetzt. Auch die Bundesländer sind gefragt, die Strafverfolgungsbehörden und Justiz schlagkräftiger auszustatten. Unabhängig davon braucht es in allen gesellschaftlichen Bereichen einen Wandel in den Köpfen hin zu Transparenz, Offenheit und umfassender Partizipation.“

Der Politik fehlt es bei der Korruptionsbekämpfung nach wie vor an Konsequenz. Im Jahr 2023 gab es zu viele halbe Sachen: Zwar wurde das Lobbyregister reformiert, dabei aber der Lobbyfußabdruck erstmal weggelassen. Auch das neue Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern ist ein Fortschritt, aber der große Bereich der nationalen Sicherheit wurde fast komplett ausgeklammert. Für das dringend benötigte Unternehmensstrafrecht hat die Koalition bisher keinen Entwurf vorgelegt.

Hintergrund zu den internationalen Entwicklungen

Der weltweite Trend zur Schwächung der Rechtsstaatlichkeit, der sich seit 2016 im World Justice Project Rule of Law Index abbildet, ist mit Blick auf die Korruptionsbekämpfung sehr beunruhigend. Ein Vergleich des Rule of Law Index 2023 mit dem CPI 2023 unterstreicht eine starke Korrelation: Länder mit schwachen rechtstaatlichen Strukturen weisen ein hohes Korruptionsniveau auf; im Umkehrschluss zeigt der Vergleich auch, dass starke rechtsstaatliche Strukturen mit einer geringen Wahrnehmung von Korruption korrelieren (s. Globaler CPI-Report 2023, S. 9ff).

Entsprechend überrascht es nicht, dass die Türkei (34 Punkte, Rang 115, -15 Punkte seit 2012) und Ungarn (42 Punkte, Rang 76, -13 Punkte seit 2012) zu den Ländern gehören, die seit Einführung der aktuellen CPI-Methodik im Jahr 2012 im globalen Vergleich mit am meisten Punkte verloren haben. Neben diesen beiden Ländern kommen auch Russland (26 Punkte, Rang 141), das Transparency International 2023 als „unerwünschte Organisation” eingestuft hat, der Iran (24 Punkte, Rang 149) und Venezuela (13 Punkte, Rang 177) auf den jeweils niedrigsten CPI-Wert seit 2012.

Zu den größten Gewinnern im CPI im Lauf der letzten elf Jahre gehören die postsowjetischen Staaten Estland (76 Punkte, Rang 12, +12 Punkte seit 2012) und Ukraine (36 Punkte, Rang 104, +10 Punkte seit 2012). Die beiden Länder verbindet, dass sie bei der Korruptionsbekämpfung auf moderne digitale Transparenz- und Verwaltungsinstrumente setzen. Bei der Ukraine kommt hinzu, dass im Zuge des EU-Beitrittsprozesses Korruptionsbekämpfung eine große Rolle spielt. Durch die verstärkten Anstrengungen der Antikorruptionsbehörden machen regelmäßig auch hochrangige Korruptionsverdachtsfälle Schlagzeilen. Da die Ukraine weiterhin mit einem vergleichsweise hohen Korruptionsniveau zu kämpfen hat, rangiert das Land im internationalen Vergleich weiterhin in der unteren Hälfte.

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