16.05.2023

EU-Bericht: Warum Frauen in der Wissenschaft auch nach der Pandemie besondere Unterstützung brauchen

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Ziel des EU-Berichts ist es, Handlungs­empfehlungen zu entwerfen, wie einzelne Nationalstaaten die Folgen der Pandemie auf die Wissenschaft besser ausgleichen können und wie man bestehende europäische Forschungs­programme wie Horizon Europe oder ERC-Förderungen anpassen kann. Die Arbeits­gruppe um Juniorprofessor Dr. Marc Lerchenmüller befasste sich schwerpunktmäßig mit Frauen in der frühen Karrierestufe. Der an der Universität Mannheim tätige Ökonom ist der einzige in Deutschland angesiedelte Autor des Policy Reports.

Eine zentrale Empfehlung seiner Arbeits­gruppe ist es, langfristige Datenerhebungen in den einzelnen EU-Staaten durchzuführen, um die Situation der jungen Wissenschaft­lerinnen nach der Pandemie zu erfassen – ein sogenanntes Monitoring. Erst auf Basis solcher Daten sei es möglich, ihre Lage besser einzuschätzen und funktionierende Förder­programme ins Leben zu rufen. „Die Konsequenzen aus zwei Jahren Pandemie sind nicht nach den zwei Jahren aus der Welt“, begründet Lerchenmüller.

Bestehende Förder­programme, die im Zuge der Pandemie für Nachwuchsforschende entstanden sind, sollten zudem überarbeitet werden. „Gleichbehandlung bedeutet nicht Chancen­gerechtigkeit“, stellt der Mannheimer Ökonom fest. Junge Wissenschaft­lerinnen mit kleinen Kindern hätten schließlich die meiste Arbeits­zeit während der Pandemie eingebüßt – das zeigen die bisherigen Daten deutlich. 

Ähnlich unterschiedlich gestalten sich die Publikations­leistungen von Frauen und Männern. Vor Corona waren beispielsweise beide Geschlechter fast gleich häufig Erstautorinnen und -autoren von Studien in Covid-relevanten Bereichen wie Immunologie oder Virologie. Dann ging die Schere auseinander: Männliche Wissenschaft­ler publizierten weitaus häufiger als ihre weiblichen Kolleginnen. Und weil Karriere in der Wissenschaft eng mit Publikations­erfolgen verknüpft ist, kann das langfristig bedeuten, dass der Anteil der männlichen Wissenschaft­ler in Führungs­positionen an Universitäten und Forschungs­instituten steigt. Der Vorschlag der Arbeits­gruppe lautet daher, die Erfolgsbilanz von jungen Forschenden mit Kindern anders zu bewerten als Gruppen, die unter Corona weniger gelitten haben – wie zum Beispiel alleinstehende Frauen oder Männer ohne Kinder oder pflegebedürftige Angehörigen.

Jenseits der Konsequenzen für individuelle Karrieren, stellen diese Daten auch in Frage, ob die Gesellschaft die beste Antwort auf die Pandemie hat geben können, wenn Wissenschaft­lerinnen strukturell bedingt weniger beitragen konnten und Gehör fanden als man hätte erwarten dürfen.

Ein Service des deutschen Präventionstages.
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