29.04.2023

Antidiskriminierungsbeauftragte stellt Arbeitsprogramm vor

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(hib/LL) Den Diskriminierungsschutz „konsequent durchsetzen und stärken“ will die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, die am 20.04.2023 in einem Fachgespräch des Familienausschusses ihr Arbeitsprogramm vorstellte und den Mitgliedern außerdem Rede und Antwort stand zum „Vierten Gemeinsamen Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages: Diskriminierung in Deutschland - Erfahrungen, Risiken und Fallkonstellationen“ (BT-Drs. 19/32690). 

Ob man mit dem Kinderwagen wegen mangelnder Barrierefreiheit verzweifele, bei der Wohnungssuche aufgrund ethnischer Merkmale immer wieder ausgesiebt werde oder männliche ihren weiblichen Kolleginnen am Arbeitsplatz wegen einer möglichen Schwangerschaft vorgezogen würden - „Antidiskriminierungspolitik ist kein Minderheitenthema“, sondern „ein Freiheitsthema“ und betreffe alle, unterstrich Ataman. 

Sie sehe sich als Beauftragte aller Menschen in Deutschland. Viele erlebten Einschränkungen, jeder könne in eine solche Situation geraten. 63.000 Anfragen seien seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) 2006 an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und das im vergangenen Jahr neu geschaffene Amt der Unabhängigen Beauftragten gerichtet worden, berichtete sie. 

Sie freue sich, dass die Koalition eine Reform des AGG in dieser Wahlperiode vereinbart habe, sagte Ataman. Das aktuell geltende Gesetz, das formuliert, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen, sei „eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa.“ Auch die Zahl von einer Beratungsstelle pro eine Million Einwohner sei gering. Man habe „in Deutschland einiges aufzuholen“.

Um den Schutz vor Diskriminierung „konsequent durchzusetzen und zu stärken“ werde sie sich als Beauftragte dafür einsetzen, die rechtlichen Rahmenbedingungen mit dem Ziel der Gleichbehandlung zu verbessern, das Wissen über Diskriminerungsschutz und das AGG zu vergrößern sowie Betroffene zu beraten und die Beratung und Vernetzung auszubauen. 

Der Hauptfokus ihrer fünfjährigen Amtszeit liege auf der Reform des AGG. „Alle Menschen sollen wissen: Es gibt ein AGG und einen Rechtsstaat, der mir dabei hilft, meinen Schutz in Anspruch zu nehmen.“ Dazu werde man eine bundesweite Aufklärungskampagne starten. 

Außerdem wolle sie sich dafür einsetzen, das Beratungsangebot, in der Fläche, in den Bundesländern und Kommunen, gleichmäßig auszubauen, sagte Ataman. Die Strukturen, die Versorgung mit Antidiskriminierungsstellen, seien momentan sehr unterschiedlich. Man müsse zudem Diskriminierungsschutz niedrigschwelliger anbieten, wie es andere Länder auch täten.

Sie würde es gerne sehen, wenn es ihrer Einrichtung, die Betroffenen eine „rechtliche Ersteinschätzung“ geben könne, eingeräumt werde, diesen auch Rechtsbeistand anzubieten, sagte Ataman. Heute habe man nur die Möglichkeit, sich einen Anwalt zu nehmen und vor Gericht ziehen. Viele verzichteten jedoch wegen des Eskalationspotenzials von Gerichtsverfahren darauf. Man brauche außerdem längere Fristen, um einen Tatbestand anzuzeigen, die heute geltende Frist von zwei Monaten sei zu kurz. Auch müsse das AGG, das bislang Streitfälle zwischen Privatpersonen regele, auf staatliches Handeln ausgedehnt werden. 

Der im Oktober 2021 dem Deutschen Bundestag vorgelegte „Vierte gemeinsame Bericht“ liste Benachteiligungen aus den im AGG genannten Gründen auf und gebe, obwohl er sich auf den Zeitraum 2017-2020 beziehe, weiter gültige Empfehlungen, wie sich Diskriminierung vermeiden lasse. Die Zahl der Beratungsanfragen sei in den vergangenen vier Jahren kontinuierlich gestiegen. Die meisten Anfragen seien in den Bereichen Arbeitsleben, Güter und Dienstleistungen sowie Ämter und Behörden zu verzeichnen gewesen. Man arbeite bereits an dem folgenden Bericht. 

Der gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen und der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration erstellte Bericht empfiehlt, Beratungsstrukturen zu stärken, Landesantidiskriminierungsstellen einzurichten, Diskriminierung durch Datenerhebung besser sichtbar machen sowie alternative Streitbeilegungsverfahren auszubauen. Insbesondere der Altersdiskriminierung wolle sie sich in ihrer Amtszeit widmen, sagte Ataman. Das betreffe fast alle und sei ein „gutes Thema, um klar zu machen was Diskriminierung ist“. 

Ein Service des deutschen Präventionstages.
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